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Open Space ist in seiner Wirkung eigentlich kaum zu erklären, hat man dagegen einmal einen Open Space erlebt, vergisst man das nie mehr und man versteht sofort. Unsere Fallstudie läd Sie ein, Open Space in seinen wesentlichen Zügen anschaulich kennenzulernen.

Licht durchflutet den Raum, um eine schön gestaltete Mitte gruppieren sich 35 Stühle. Menschen treten langsam ein und nehmen Platz. „Unsere Kitas – Nehmen wir die Herausforderung der Veränderung als Chance an?“, lesen sie auf einem großen Plakat, das von der Decke hängt. Unter diesem Motto hatte das SupervisionsNetzwerk Mitte August zum „Open Space“ geladen und interessierte Menschen aus unterschiedlichen Berufsgruppen im Gemeindezentrum „Feste Burg“ in Hamburg-Neuallermöhe zusammengebracht.

Der Anlass: im Jahr 2003 wird in Hamburg das nachfrageorientierte Gutscheinsystem (früher Kita-Card) und damit eine Systemveränderung (von der Objekt zur Subjektfinanzierung) eingeführt . Eltern erhalten die „Nachfragemacht“, Kindertagesstätten müssen zukünftig Konzepte entwickeln, ihre Qualität unter Beweis stellen, sich präsentieren sowie die Partizipation von Eltern und Kindern sicherstellen – und das alles neben der pädagogischen Arbeit und in Eigenverantwortung. Kurz: Gravierende Neuerungen stehen an. Personen und Gruppen reagieren auf derartige Veränderungen, die eine zusätzliche Belastung bedeuten, sehr unterschiedlich. So freuen sich einzelne ErzieherInnen, LeiterInnen, Einrichtungen oder Träger auf den Wandel und die Chancen des Wettbewerbs, andere stecken den „Kopf in den Sand“ und fühlen sich vom Systemwechsel überfordert. Allen gemeinsam ist der ungeheure Druck zur Anpassung.

Derart umfassende Prozesse werden meist in Etappen in Gang gesetzt, d.h. der Wandel wird z.B. durch die Schulung und Fortbildung von Leitungspersonen eingeleitet und nach und nach an die MitarbeiterInnen weiter gegeben. Das kostet Zeit, geht langsam vonstatten und versandet oftmals in Widerstand und Resignation. Wenn aber – wie beim Gutscheinsystem – ein Systemwechsel schnell und großflächig vollzogen werden muss und Ziele bzw. Visionen möglichst auf breiter Basis und in Übereinstimmung mit vielen Beteiligten erreicht werden sollen, dann sind andere Lösungen gefragt.

„Wir haben uns vor diesem Hintergrund entschieden, eine Großgruppen-Konferenz durchzuführen und als Methode den Open Space ausgewählt. Mit dem Ziel, das Potenzial vieler unterschiedlicher Menschen mit ihrem speziellen Wissen zu wecken und zu nutzen,“ erläutern die Geschäftsführerinnen des SupervisionsNetzwerkes, Ines Stade und Karin Stubben, unisono.

Gemäß einer Leitlinie des Open Space „Wer kommt, ist genau die richtige Person“ wurde eine Gruppe von Experten und Expertinnen eingeladen, die das Feld „Kindertagesstätten“ abbilden: ErzieherInnen, Hauswirtschaftsleiterinnen, Kita-LeiterInnen, Eltern, VertreterInnen der Träger und dazu BeraterInnen aus den Bereichen Organisationsentwicklung, Coaching und Supervision, Marketing, Zeitkonten und Arbeitsrecht.

„Was auch immer geschieht, es ist das Einzige was geschehen kann.“ Der Open Space beginnt. Eine Begleiterin schreitet den Kreis ab und erklärt die Rahmenbedingungen. Sie spricht von Eigenverantwortung; davon, dass es heute nicht „unhöflich“ ist, einen Raum zu verlassen, wenn jemand zum Thema nichts mehr beizutragen hat. Leichte Verunsicherung und Unruhe machen sich breit. Nur nach Lust und Laune teilnehmen? In einer Gruppe intensiv mitarbeiten oder von Gruppe zu Gruppe „hummeln“ und überall etwas beitragen? Oder sich als „Schmetterling“ eine „Auszeit nehmen“? Gar nicht arbeiten, nur dabei sein? Das soll funktionieren und auch noch Ergebnisse bringen?

Unbeirrt erklärt die Begleiterin, wie die Gruppe nun zu Arbeitsthemen kommt, dass nur Themen genannt werden, die den TeilnehmerInnen „unter den Nägeln brennen“. Sie erläutert den organisatorischen Rahmen. „Vorbei ist vorbei“ heißt es da. Gruppen sollen beendet werden, wenn im Thema keine Energie mehr ist, was bei der einen Gruppe nach 20 Minuten, bei der anderen erst nach zwei Stunden der Fall sein kann. Für Essen und Trinken ist den ganzen Tag über gesorgt, jeder macht seine Pausen nach Gutdünken.

Nach all den Erläuterungen herrscht zögerliche Stille. Soll ich ein Thema nennen? Warum sagt keiner was? Aber es gibt erste Mutige, die aufstehen, in die Mitte gehen, ein Thema auf ein großes Blatt schreiben, sich der Gruppe vorstellen, ihr Thema vorlesen und an die Wand hängen. Andere folgen. Eine Themenpalette entsteht: von „Visionen“, „Selbstbild Erzieherin“ oder „Angebote für berufstätige Mütter“ über „Info- und Wissenstransfer“, „Aufbau Kita-Netzwerk“ „Qualität Hauswirtschaft/Pädagogik“ „Steigende Konkurrenz – Netzwerken ein Widerspruch oder eine Stärke?“ „Motivation und Umgang mit den Ängsten der MitarbeiterInnen“ bis hin zu „Flexible Tagesplanung und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Zielgruppen“. Der „Marktplatz“ wird eröffnet; alle gehen zur Thementafel und tragen sich bei den für sie interessanten Themen ein. Erste Kontakte werden geknüpft, Gespräche nebenbei entstehen.

Und dann beginnt die eigentliche Arbeit: Überall im Haus, auf dem Rasen, auf dem Steg sind Menschen in Gespräche vertieft, in hitziger Diskussion oder bei kreativer Gestaltung; andere schlendern durchs Haus, auf der Suche nach einer neuen Gruppe oder um einen Moment auszuruhen, Gedanken zu verarbeiten, Ideen noch mal zu notieren. In der Küche mischt sich das Klappern des Geschirrs mit den Stimmen der Frauen, die den ganzen Tag für das leibliche Wohl der TeilnehmerInnen sorgen. Im Redaktionsraum summt der Kopierer. Hier werden die ersten Protokolle vergrößert, die kurze Zeit später an der großen Informationswand allen zugänglich sind. Nach und nach sammelt das Redaktionsteam die Gruppenergebnisse, damit zum Abschluss alle TeilnehmerInnen ein Gesamtprotokoll mit nach Hause nehmen können.

Und vieles läuft nebenbei: Da schreibt sich eine Erzieherin die Adresse ihrer Gesprächspartnerin auf, um ihr Unterlagen zur Psychomotorik zuzuschicken; da erhält eine Hauswirtschaftsleiterin die Einladung, sich bei einem anderen Träger über die Produktion eines Kochbuches zu informieren. Zwei Leitungskräfte tauschen ihre Erfahrungen in Stadtteilkonferenzen aus. Zum Abschluss kommen die TeilnehmerInnen noch einmal im großen Kreis zusammen. Nach einer kurzen Reflektionsphase werden fünf Themen und Verantwortliche gefunden, die ihre Inhalte über diesen Tag hinaus weiterverfolgen wollen. Der Marktplatz wird noch einmal eröffnet, es finden sich Interessierte, ähnliche Inhalte werden zusammengelegt und ein Folgetermin vereinbart.

Am Ende sind sich alle einig: diese Form des Arbeitens ist sehr belebend und aktivierend und führt zu ganz neuen, positiven Lernerlebnissen und -ergebnissen. Es klingt Stolz und Erstaunen an über die Vielfalt der Ideen und dokumentierten Ergebnisse sowie Freude über die enormen Kommunikations- und Impulsmöglichkeiten. Die Veranstaltung klingt bei einem Glas Prosecco aus, mit vielen Verabredungen, positiven Rückmeldungen und dem festen Vorsatz, diese Form des Lernens und Entwickelns in der nächsten Zeit mit anderen Themen zum Kitabereich unbedingt fortzuführen.

Was ist das Geheimnis von OPEN SPACE?

Die Konzepttechnik „Open Space“ bietet einer Gruppe einen offenen Raum. Nur die zentrale Frage, das wesentliche Anliegen wird im Vorfeld formuliert. Am Tag der Durchführung verfolgen die TeilnehmerInnen genau die Themen, die sie besonders interessieren. Open Space legt keine Ziele fest, sondert fördert die Bewusstwerdung eigener Ziele, Wünsche und offener Problemstellungen. Open Space verzichtet auf die Kontrolle der TeilnehmerInnen und auf ein Seminardesign, dafür bietet es Zeit und Raum für Eigenverantwortung und Kreativität. Die TeilnehmerInnen steuern ihre Lernprozesse, die Kommunikation und die Seminarkultur weitgehend eigenverantwortlich. Vieles, was in normalen Seminaren, Vorträgen oder Workshops als „Störfaktoren“ angesehen wird und unterdrückt werden muss (Gefühle, Körperempfindungen, Unlust, Widerstände), wird bei dieser Konferenztechnik als wichtige Leitlinie und schöpferisches Instrument gesehen. Wer kennt sie nicht, solche Vorträge: die einen verstehen den Stoff nicht, weil sie sich noch zu wenig mit der Thematik beschäftigt haben; die anderen kennen den Inhalt überwiegend, müssen aber Acht geben, dass sie mit ihrer erlahmenden Aufmerksamkeit die für sie wichtigen fünf Prozent noch mitbekommen. Und so mancher Blick geht verschämt auf die Uhr, in der Hoffnung in der Kaffeepause mal seinen Frust oder sein Informationsbedürfnis befriedigen zu können.

Im Open Space wird die Übernahme von Selbstverantwortung gefördert; niemand muss sich langweilen, keiner ist überfordert, weil der wesentliche Grundsatz „das Gesetz der zwei Füße“ ist. Die TeilnehmerInnen folgen ausschließlich ihrem Interesse und ihrer Intuition. Sobald in einer Gruppe, die ein interessantes Thema bearbeitet, für den oder die EinzelneN nichts zu lernen oder beizutragen ist, dann wird die Gruppe geehrt, indem die Person geht und ihre Langeweile den Energiefluss der Gruppe nicht länger stört. So entsteht eine Kreativitäts- und Ideenwerkstatt.

...und Wie SIE IHN NUTZEN KÖNNEN

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